Text: Margit Deckner
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verfolgte der Centralverein (CV) gegenüber dem Staat eine andere Politik als der RjF (Reichsbund jüdischer Frontkämpfer).
Anders als dieser strebte er keine Eingliederung in den nationalsozialistischen Staat an. Ihm ging es nur um ein Arrangement, um das Bleiben in Deutschland zu ermöglichen. Ab 1935 erkannte man, die Auswanderung anraten zu müssen, und man unterstützte z.B. die hierfür oft notwendige berufliche Vorbereitung.
Da natürlich an einen publizistischen Kampf gegen den Antisemitismus zu seiner Bekämpfung nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten nicht mehr zu denken war, bekam nach 1933 Rechtsberatung und – beistand eine zentrale Rolle. Es gab verschiedene Aktivitäten hierzu auch in Hildesheim. Es bestand die Möglichkeit, bei strafrechtlich relevanten Vorfällen, im Falle von Verweigerung von Gewerbescheinen und der Fortsetzung von Boykottmaßnahmen über den 1.4.1933 durch Eingaben die zuständigen Behörden zum Handeln zu veranlassen. Dabei wandte man sich, um dem Anliegen größeres Gewicht zu verleihen, an die Zentrale des DV in Berlin. Sie bat man, die nötigen Schritte zu unternehmen.
Es ist nicht klar, in welchem Maße diese Eingaben tatsächlich Erfolg hatten, da zumindest für die strafrechtlichen Fälle keine Staatsanwalts- und Gerichtsakten erhalten sind. Vermutlich kam es also nicht zu Verhandlungen und die Verfahren wurden rasch eingestellt. Andererseits aber war es im Falle der Vergabe von Wandergewerbescheinen bei klaren Rechtsverstößen der Behörden in den ersten Jahren nach 1933 durchaus möglich gewesen, diese gerichtlich zu erzwingen. Im Rahmen der noch verbliebenen Möglichkeiten versuchte der CV in Hildesheim, die Rechte der bedrängten Glaubensgenossen wahrzunehmen.
Nachdem sich der CV 1936 auf behördliche Anweisung in „Jüdischer Centralverein“ hatte umbenennen müssen, wurde er schließlich nach dem Progrom 1938 – wie auch die anderen jüdischen Verbände – aufgelöst und ging in der Reichsvereinigung auf.
Quelle:
Die jüdische Gemeinde in Hildesheim 1871 – 1942 von Jörg Schneider