Text: Hartmut Häger
Eduard Berg wurde am 20. Januar 1877 als Sohn des Kaufmanns Lucas Berg und seiner Frau Dina in Warburg, Prov. Westfalen, geboren. Er war das fünfte von elf Kindern, die aus ihrer Ehe hervorgingen. Er heiratete 1911 Marta Salomon, die am 30. Januar 1917 starb. 1923 heiratete er Erna Koopmann, geb. 4. März 1892 in Berne/Oldenburg, gest. 3. März 1979 in Chicago. Er hatte zwei Töchter: aus erster Ehe Marie-Luise, aus zweiter Ehe Renate.
Nach dem Abitur am Gymnasium zu Warberg studierte Berg in Heidelberg, München, Berlin und Göttingen Jura; in Göttingen legte er 1899 sein Erstes Staatsexamen ab, in Heidelberg promovierte er 1901. Nach dem Zweiten Staatsexamen 1905 übernahm er in Hildesheim die Anwaltskanzlei seines 1900 verstorbenen Onkels, Dr. Julius Berg, Bernwardstraße 32. Von 1916 bis 1918nahm er am Ersten Weltkrieg teil, wo er 1918 das Eiserne Kreuz II. Klasse erhielt und zum Vizefeldwebel befördert wurde. 1919 zog Berg mit seiner Familie zur Bahnhofsallee 32 um, wo sich unten die Anwaltskanzlei und darüber die Wohnung befanden. 1920 wurde er zum Notar ernannt.
1924 wählte die Jüdische Gemeinde Dr. Eduard Berg zu einem ihrer beiden Vorsteher. Der andere war Alex Rehfeld, Inhaber der Kohlen- und Eisengroßhandlung Salomon Katzenstein, Hannoversche Str. 27, die er als „Nichtarier“ nach 1936 schließen musste. Am Ende von Bergs Vorstandstätigkeit verlor die Gemeinde mit dem Gesetz vom 28. März 1938 ihren Status als Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie bestand nur noch als rechtsfähiger Verein bürgerlichen Rechts weiter.
Als zweiter jüdischer Bürger nach Gustav Fränkel wurde Dr. Eduard Berg 1924 zum Bürgervorsteher gewählt. Berg kandidierte auf der Liste des Haus- und Grundbesitzervereins, gehörte aber zu dem Zeitpunkt wie Fränkel der Deutsch Demokratischen Partei an. Er wurde Mitglied im Finanzausschuss, Forstausschuss, in der Kommission zur Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung des Verkaufs von Grundstücken und in der Stadtschuldeputation.
Außerdem wurde er am 25. Mai 1925 in die „Commission zur Vornahme der Wahl des Direktors für das Römer-Museum“ gewählt.
Als die Nazis am 1. April 1933 jüdische Geschäfte, Gewerbetreibende und Selbständige boykottierten, schrieb Eduard Berg am 1. April 1933 an den Landgerichtspräsidenten: „Bei dem allgemeinen Boykott gegen jüdische
Rechtsanwälte ist mein Schild Rechtsanwalt und Notar überklebt und daneben ein grosses Schild an meiner Hauswand fest angeklebt worden mit der Aufschrift in roten Buchstaben: „Jüdischer Rechtsverdreher“. Er bat den
Präsidenten genauso vergeblich um Unterstützung wie zuvor die Polizei.
Am 30. September 1935 trat das Reichsbürgergesetz in Kraft, am 1. Oktober untersagte der Celler Oberlandesgerichtspräsident Eduard Berg mit sofortiger Wirkung die Amtstätigkeit als Rechtsanwalt und Notar. Das war
gleichbedeutend mit Berufsverbot.
Als Vorsteher der Jüdischen Gemeinde erlebte Berg deren zunehmende Bedrängnis und die verzweifelte Lage ihrer Mitglieder. Die Gemeinde befand sich im Niedergang. Bestand sie 1925 aus 575 Mitgliedern hatte sie 1937/1938 noch 275 und 1938/1939 200 Mitglieder.
Am 21. Mai 1938 erfuhr Berg durch gute Freunde, dass am 23. Mai eine Geschäftsdurchsuchung der Gestapo geplant sei. Noch am Abend des gleichen Tages flüchteten Erna und Eduard Berg ohne jedes Gepäck zu Fuß über die grüne Grenze nach Holland. Obwohl Berg vorausschauend eine Hypothek zur Sicherung der Reichsfluchtsteuer eingerichtet hatte, verhängte das Finanzamt Hildesheim sofort einen „Steuersteckbrief und Vermögensbeschlagnahme“. Das Landgericht Hildesheim verurteilte das Ehepaar Berg wegen Steuerflucht zu einer Gefängnisstrafe von je drei Monaten und zu Geldstrafen von je 5.000 Reichsmark. 1942 forderte sie die deutsche Justiz in den besetzten Niederlanden auf, die Haft anzutreten.. Eduard Berg saß vom 30. Juli bis 29. Oktober 1942 in den Strafanstalten Utrecht und Kleve ein. Nach seiner Rückkehr aus der Haft gelang es ihm, sich mit Hilfe seiner Tochter der Deportation zu entziehen. Die Familie tauchte unter und überlebte im Haus der holländischen Studentenverbindung „Unica“ in Amsterdam, Reguliersgracht 34. 1946 wanderte sie in die USA aus. Eduard Berg starb am 19. November 1951 in New York.
Die beigefügten Fotos sind dem Buch
Koopmann-Berg, Erna F.; Bernhold, Ursula (2007): Memoiren aus der Tauchzeit. Jüdin aus Berne versteckt in Amsterdam, 1943-1945. Oldenburg: Isensee (Frauen in der Wesermarsch, Bd. 13) entnommen.
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