Text: Klaus Schäfer
Berthold Mehm wurde am 13.2.1874 als Sohn eines Böttchermeisters im thüringischen Ort Langenbach geboren. Sein älterer Bruder Eberhard zog 1886 auf Arbeitssuche nach Hildesheim.
1895 folgte ihm Berthold Mehm. Er besuchte in Hildesheim die Baugewerbeschule und absolvierte die Meisterprüfung in Holzminden. Er wohne zu dieser Zeit in der Leunisstaße.
Berthold Mehm arbeitete als selbstständiger „Bautechniker“ und errichtete in den nächsten Jahren eine Reihe von Häusern in der Hildesheimer Nordstadt (u.a. Sachsenring 59/60, Ludewigstr. 9/11/12, Heinrichstr. 10/36/37, Hochkamp 27/28)). Zusammen mit seinen Bruder engagierte er sich im „Evangelisch-Lutherischen-Kirchenbauverein“.
1911 heirate er seine Frau Hedwig, geb. Jahns. 1912 kam sein Sohn Berthold zur Welt. Mit Beginn des 1. Weltkriegs wurde Berthold Mehm schon 1914 zum Kriegsdienst eingezogen und im Stellungskrieg an der Westfront eingesetzt. Er überstand den Krieg körperlich unversehrt,- die psychischen Auswirkungen waren jedoch erheblich. In der Zeit der wirtschaftlichen Depression Anfang der 20er Jahre verkleinerte er sein Unternehmen und spezialisierte sich auf Anbauten, Umbauten und Reparaturen. Er wohnte in der Heinrichstraße 10.
Ende 1931 trat er aus der evangelischen Kirche aus und engagierte sich nun bei den Bibelforschern. Dies hatte schon vor der Machtübernahme eine teilweise gesellschaftliche Isolierung zur Folge. Ab 1933 waren auch die Bibelforscher einem erheblichen Verfolgungsdruck ausgesetzt. Ab 1934 wurde das Baugeschäft von Berthold Mehm boykottiert. 1935 wurden zwölf Hildesheimer Bibelforscher verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt oder von der Gestapo in „Schutzhaft“ genommen.
Anfang 1936 wurde Berthold Mehm aus der Handwerksrolle gestrichen und sein Betrieb konfisziert. Von nun an musste er von mühseligen Kleinstaufträgen leben. Im Dezember 1936 organisierte Berthold Mehm die Verteilung einer Resolution der Bibelforscher, die auf einen internationalen Kongress der Bibelforscher in Luzern entstanden war. Ca. 800 – 1000 wurden in Hildesheim verteilt. Am 17. Dezember wurde Berthold Mehm, drei Tage später seine Frau Hedwig verhaftet. Berthold Mehm kam ins Gerichtsgefängnis nach Hannover und wurde im Februar 1937 von einen Sondergericht zu einen Jahr Haft verurteilt. Am 5. Februar wurde er ins Strafgefängnis Wolfenbüttel eingeliefert. Dort wurde er zunächst einer Baukolonne zugeordnet. Im April 1937 diagnostizierte der Anstaltsarzt „Leistenbruch, Schüttelzittern, Altersabnutzung“. Deshalb sollte er zukünftig im „Holzhof“ arbeiten.
Die Gestapo hatte für Mehm nach der Entlassung aus dem Strafgefängnis trotz dessen schlechten Gesundheitszustandes „Schutzhaft“ angeordnet. Am 22. Oktober 1937 wurde Berthold Mehm ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert. Er bekam die Häftlingsnummer 195 und wurde dem Lagerblock 12 zugeordnet. Er war einer der ältesten Gefangenen. Am 28. März 1939 starb Berthold Mehm. Als offizielle Todesursache wurde Magenkrebs bescheinigt.
Augenzeugen berichteten jedoch, dass er wegen seiner Weigerung den „Deutschen Gruß“ zu leisten, erschossen wurde.
Weiterlesen in:
Der Hildesheimer Baumeister mit dem Lila Winkel, W. Knauer, B. Mehm, W. Rieger, Hildesheim 2004