Bürgermeister Heinrich Schmidt

Text: Klaus Schäfer

Heinrich Schmidt wurde 1902 geboren und war als kaufmännischer Angestellter tätig. Er trat Mitte der zwanziger Jahre der NSDAP bei, für die er ab 1928 als quasi hauptamtlicher Funktionär agierte. Sein Einkommen bezog er dabei aus Rednerhonoraren. 1928 zog Schmidt nach Hameln, wo er als Bezirksleiter bzw. Kreisleiter der NSDAP tätig war. Hier kam es zu ersten Konflikten mit anderen Parteimitgliedern, da Schmidt nach Aussagen von Zeugen erhebliche Alkoholprobleme hatte. 1931 wurde er zum Bezirksleiter der NSDAP im Kreis Hildesheim-Stadt und Marienburg ernannt. Auch hier geriet er bald in parteiinterne Konflikte. Als sich Parteifunktionäre, u.a. Heinrich Brunke, bei der NSDAP über Trunkenheitsexzesse Schmidts beschwerten, sorgte dieser dafür, dass seine Gegner aus der Partei ausgeschlossen wurden.

Am 12. März 1933 wurde Heinrich Schmidt als Vertreter der NSDAP in das Bürgervorsteher-Kollegium gewählt. Aufgrund von Drohungen der SA ließen sich sechs besoldete Magistratsmitglieder vor der konstituierenden Sitzung beurlauben. Während der konstituierenden Sitzung des Bürgervorsteher-Kollegiums am 3. April versammelten sich SA- und Parteianhänger vor dem Rathaus. Schmidt leitete die Sitzung, in der die Wahl des KPD-Vertreters für ungültig erklärt und Wortbeiträge der SPD als „Agitationsanträge“ abgewiesen wurden. Schon am 31. März 1933 wurde Schmidt zunächst kommissarisch als Bürgermeister eingesetzt und am 24. August für 12 Jahre gewählt.

Schmidt war auch für das Verhalten der Polizei verantwortlich, als am 4. April 1933 SS- und SA-Leute das Gewerkschaftshaus besetzten und Mitglieder des Reichsbanners verprügelten (siehe Überfall auf das Gewerkschaftshaus). Im Mai 1933 befand sich, mit Ausnahme des Oberbürgermeisters Ernst Ehrlicher, kein Mitglied des alten Magistrats mehr im Amt. Doch auch dessen Posten war vom Machtstreben Schmidts bedroht.

Nach dem Amtsantritt Schmidts als kommissarischer Bürgermeister gab es bei verschiedenen Stellen Beschwerden über Heinrich Schmidt. Der Beschwerdeführer Heinrich Brunke wurde aufgrund einer Anzeige Schmidts wegen übler Nachrede festgenommen und eine Woche in Schutzhaft genommen. In einem Artikel des NSDAP-Blattes „Hildesheimer Beobachter“, wurde der Verhaftete als Verleumder dargestellt. Schmidt empfahl zudem dem Regierungspräsidenten Muhs die Einlieferung ins KZ wegen angeblicher „staatsfeindlicher Gesinnung.“ Im Prozess vom 29. Januar 1934 wurde Brunke wegen Beleidigung zu sechs Monaten Haft und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte für drei Jahre verurteilt.

In einem weiteren Prozess gab es jedoch erneut Aussagen, die Schmidt Korruption und Amtsmissbrauch vorwarfen. Die wegen Beleidigung Schmidts Angeklagten wurden im September 1935 entweder freigesprochen oder nur zu geringen Bewährungsstrafen verurteilt, weil das Gericht viele der Anschuldigungen als begründet ansah. So hieß es abschließend, die „Behauptungen, Schmidt zeige sich als völlig haltloser Mensch, der seine Machtstellung zu seinem persönlichen Vorteil missbraucht und zu Übergriffen neigt, sind durch die Beweisaufnahme erwiesen.“ Nach Ende der Prozesse beantragte Schmidt ein Dienststrafverfahren gegen sich selbst, um die Anschuldigungen gegen ihn zu entkräften. Doch kurz darauf wurde Schmidt „auf höhere Anweisung“ aus der Partei ausgeschlossen und am 31. August 1936 entlassen. Daraufhin verließ er Hildesheim. Eine führende Position nahm er nicht mehr ein. Nach Kriegsende wurde er wegen des Überfall auf das Gewerkschaftshaus und der schweren Misshandlungen der Opfer zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.


Weiterlesen in:
Tobias Deterding
Bürgermeister Heinrich Schmidt
in Hans-Dieter Schmid (Hrsg.)
Hildesheim im Nationalsozialismus, Hildesheim 2002