Text: Arne Lück (Gymnasium Andreanum)
Die Munitionsanstalt Diekholzen (Muna) war von 1939 bis zum Einmarsch der alliierten Truppen in Diekholzen am 7.4.1945 eine teilweise unterirdische Anlage zur Herstellung von Zündern und anderer Munition. Sie lag auf dem Gelände des früheren Kaliwerks Hildesia(rot), da es hier Stollen gab, in denen man, zum Schutz vor Luftangriffen oder ähnlichem, die fertige Munition lagern konnte. Außerdem war die Lage durch den umgebenden Wald und die dadurch bedingt gute Tarnung sehr günstig. Nachdem das Hildesia-Werk 1928 mit Auftragsrückgängen zu kämpfen hatte und daraufhin zwei Jahre lang geschlossen worden war, wurde das Gelände inklusive der Hallen und Schachtanlagen von der Heeres-verwaltung übernommen und von 1937 bis 1939 umgebaut und erweitert. Hierbei wurden auch die fünf Produktionshallen und die Baracken zur Unterbringung der Arbeiter gebaut. In den Produktionshallen wurde die Munition hergestellt.
Neben dem neu bebauten Gelände existierte in der Munitionsanstalt auch noch das frühere Hildesia-Gelände mit seinen Schachtanlagen. Hier wurde ein Teil der Munition, welcher nicht sofort per Kleinbahn nach Marienburg und von dort aus weiter an den Einsatzort transportiert wurde, in die unterirdischen Stollen eingelagert. Auf dem Gelände der Munitionsanstalt befanden sich zum einen die Baracken und zum anderen das Fertigungsgelände mit Produktionshallen, einer Küche, einem Strafgefangenenlager, Munitionsbunkern, einer Sanitätshalle, einem Sozialgebäude, einigen Büros und dem Pförtnerhaus.
In den auf dem heutigen Bahnberg liegenden Baracken lebte die gesamte Belegschaft der Munitionsfabrik. Hier wohnte jeder, von den höchsten Militärabgesandten bis zu den russischen Zwangsarbeiterinnen, welche zum Dienst in der Munitionsanstalt verpflichtet wurden. Den Großteil der Belegschaft der Munitionsanstalt machten jedoch sogenannte RAD-Maiden (Reichs- Arbeit- Dienst), deutsche und österreichische Mädchen und Jungen, welche zur Herstellung kriegswichtiger Güter abkommandiert wurden, aus.
Die Munitionsbunker gehörten zu den von der Heeresverwaltung neu gebauten Gebäuden. In solchen Munitionsbunkern wurde die Munition zwischengelagert, bis sie entweder in den Schächten des Berg-werks eingelagert oder mit einem Zug abgeholt wurde
In der Halle 5 wurde, wie auch in den restlichen, von 1-4 durchnummerierten Hallen, die Munition hergestellt. Die Halle 5 hat jedoch eine sehr tragische Vergangenheit. Am 25.7.1944 kam es hier während der Produktion zu einer Verpuffung, bei der 33 Menschen starben. Der Unfall ereignete sich wahrscheinlich bei dem Öffnen einer mit Schießpulver gefüllten Kiste, in die dann ein Funke gefallen ist. Bei der davon verursachten Verpuffung entstand im Gebäude ein Unterdruck, der es verhinderte, dass die Arbeiter in der Halle die nach außen aufgehenden Türen öffnen konnten. Dadurch waren sie in der Halle gefangen. Die Rettungskräfte fanden die toten Arbeiter(-innen) direkt hinter den Türen. Nach diesem Unfall wurden alle Türen an den anderen Hallen ausgetauscht.
Direkt neben der Küche befand sich das ehemalige Strafgefangenenlager.
Weiterhin befand sich auf dem Gelände noch ein Kleinbahnanschluss, über welchen die Munition direkt von der Munitionsanstalt zu dem Ort, an dem sie gebraucht wurde, gefahren werden konnte. Die Trasse für diese ehemalige Eisenbahn kann man auch heute noch erkennen und sie wurde im Jahr 2011 zu einem Radweg umgebaut, auf dem man nun von Söhre zum Großteil auf dem alten Eisenbahndamm durch die Felder bis zur ehemaligen Munitionsanstalt fahren kann. Von diesem Fahrradweg aus kann man in einer Entfernung von etwa 200 m direkt neben der eigentlichen Eisenbahntrasse einen kleinen Einmannbunker aus Beton sehen. In diesem hat früher ein Weichensteller Schutz gefunden, der die Weiche am Abzweig zum Boschwerk stellte.
Quellenverzeichnis:
Meyer-Hartmann, Hermann: Zielpunkt 52092N 09571O – Der Raum Hildesheim im Luftkrieg 1939-1945
Müller, Curt-Christian: Diekholzen – Eine Ortschronik
http://relikte.com/diekholzen/ Version vom 17.12.2012
Interview mit Adalbert Schröter am 19.10.2012 vor Ort
Alle Fotos wurden vom Autor selbst aufgenommen
Luftbild: Quelle unbekannt
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