Rathaus Hildesheim – Machtergreifung 1933

Text: Klaus Schäfer

Bei der Gemeindewahl am 12.03.1933 verfehlte die  NSDAP die erwartete Mehrheit der Sitze. Mit 33,5% und 15 Sitzen von 42 gewann sie gegennüber der letzten Gemeindewahl gewaltig zu, aber sie blieb weit unter dem Reichsdurchschnitt. Die verbliebenen Sitze im Bürgervorsteher-Kollegium  wurden unter der katholischen Zentrumspartei, der KPD und der SPD aufgeteilt.

Dieses eher schlechte Abschneiden der Nationalsozialisten hinderte sie jedoch nicht daran, es als ihren eigenen Triumph zu feiern. Direkt am 01.04.1933, der ersten Ratssitzung im Rathaus, marschierten Nazis mit einer SA-Standartenkapelle auf den Marktplatz ein, wo mehrere tausend Bürger warteten. Die Kapelle spielte ein Platzkonzert, um die NSDAP-Abgeordneten zu empfangen. Diese waren einheitlich braun gekleidet und gingen in einer geschlossenen Gruppe durch die gebildete Trasse zum Rathaus. Dort wurde eine „Hakenkreuzfahne“ auf Vollmast gezogen und die Menge applaudierte.

Alle anderen Fraktionsabgeordneten kamen einzeln. Bei dem Versuch den Eingang des Rathauses zu erreichen, wurden sie von SA- und SS- Leuten mit Tritten und Gummiknüppeln traktiert. So wurde z. B. der der SPD-Fraktionsvorsitzende Herman Weise blutig geschlagen.

Wesentlich verantwortlich war der Wortführer der NSDAP-Fraktion in Hildesheim, Heinrich Schmidt. Durch ihn wurde in den kommenden Wochen immer deutlicher, dass die Übernahme des Rathauses nicht mehr aufzuhalten war. Schmidt ließ den einzigen kommunistischen Abgeordneten nicht mehr zu den Sitzungen zu. Später schloss er mit Hilfe der Katholischen Zentrumspartei die zwölf SPD-Abgeordneten aus. Alle übriggebliebenen Abgeordneten ließ er „zwangsbeurlauben“. Seine sogenannte „Dienstsäuberung“ beschränkte sich jedoch nicht nur auf Abgeordnete, sondern auch auf jegliche Arbeiter in öffentlichen Diensten, die den anderen Parteien nahe standen. Sie wurden fristlos entlassen wie der Hausmeister der Stadtbücherei, Georg Gastreich, der SPD-Anhänger war.

Kurz nachdem die NSDAP jegliche politische Konkurrenz „beseitigt“ hatte, ernannte Heinrich Schmidt sich als Bürgermeister von Hildesheim. Er blieb es bis 1938.


Literatur:
Nadine Conti 
Die Machtergreifung im Hildesheimer Rathaus, in:
Aus der Heimat 2008
Hrsgb.: Sven Abromeit, Hildesheim 2008

A.J.Knott
Die Machtübernahme im Hildesheimer Rathaus, in:
Heimat-Kalender 1978
Hrsgb.: Dr.H.A.Gerstenberg, Hildesheim 1978

Tobias Deterding
Bürgermeister Heinrich Schmidt
– Ein „alter Kämpfer“ übernimmt die Macht, in: 
Hildesheim im Nationalsozialismus – Aspekt der Stadtgeschichte,
Hans- Dieter Schmid, Verlag Gebrüder Gerstenberg
Hildesheim 2002

Erster Fahnenappell von nationalsozialistischen Verbänden nach der „Machtergreifung“ vor dem Rathaus Hildesheim am 8.3.1933
Foto: Stadtarchiv Hildesheim Best.-Nr. 951-7027

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