Text: Klaus Schäfer
Am 3. Januar 1933 startete ein Hildesheimer SA-Trupp vom Nazi-Parteiheim in der Osterstraße zu einem Überfall nach Algermissen.
Auf Veranlassung des SA-Standartenführers Gillert und des NSDAP-Mitgliedes Fritz Lehne provozierten und schlugen die Hildesheimer SA-Leute Passanten am Bahnhof in Algermissen.
Die damals noch nicht verbotenen SPD-Zeitung „Hildesheimer Volksblatt“ berichtete am 4. Januar 1933 über diesen Vorfall:
„Am Dienstagabend gegen 8 Uhr erschien ein Lastwagen mit einem Trupp SA und hielt auf der Marktstraße in der Nähe der Gastwirtschaft zur Post. Die Nazis zerstreuten sich in der Umgebung des Bahnhofs. Einer dieser Helden ging über den Bahnhofsplatz und verlangte von den am Bahnhof stehenden jungen Leuten, daß man ihn grüßen solle. Als er sich aber einem stämmigen Burschen gegenübersah, der sich nicht einschüchtern ließ, kamen auf einen Pfiff von allen Seiten die Nazis heran und stürzten sich auf die am Bahnhof stehenden jungen Leute. Die jungen Leute flüchteten nach allen Seiten. Einige von ihnen mußten aber die ´´Wohltaten des Dritten Reiches´´ erfahren. Der Tischler Franz Ingelmann aus Kleinalgermissen wurde mit harten Schlaginstrumenten derart über den Kopf geschlagen, dass er sich blutüberströmt in ärztliche Behandlung begeben mußte… Die Ehefrau Johanna Algermissen wurde von ihnen geschlagen und getreten. Andere junge Burschen erhielten Fußtritte und wurden mit Flaschen beworfen.“
Das Hildesheimer Volksblatt erhob folgende Forderung: „Wir erwarten, daß die Staatsanwaltschaft ihre Pflicht erfüllt, indem sie Anklage erhebt wegen schweren Landfriedensbruch und die Täter sofort hinter Schloß und Riegel setzt.“
Ein ernsthaft Vorgehen gegen terrorisierende NS-Schlägerbanden durch Polizei und Justiz war zu diesen Zeitpunkt nicht mehr zu erwrten. So wurde zwar ein Verfahren eröffnet aber „Aufgrund der Amnestie-Verordnung ist das Verfahren gegen Standartenführer Gillert aus Hildesheim wegen der Vorgänge in Algermissen eingestellt.“ (Bericht des NS-Oorgans Hildesheimer Beobachter vom 13. April 1933).
Am 15. November 1980 wurde in der Neuen Straße in Algermissen ein Ehrenmal für die Gefallenen des Krieges 1870/71 und der beiden Weltkriege enthüllt. Es erinnert außerdem an die Opfer der Verfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus. Vor dem in Kreuzform gestaltenten Ehrenmals liegt eine Gedenktafel mit folgender Inschrift:
1933 – 1945
Den Opfern durch Gewalt zum Gedenken.
Uns zur Mahnung
Opfer des Faschismus der NSDAP,
Inschrift eines Grabsteines auf dem Friedhof am Kranzweg
Ortsgruppe Algermissen.
Hier ruht unser allerliebstes
Lenchen Magdalene Kleinow, geb. Wroblewitz,
geb. 27.1.1903,
gest. 25.6.1942