Text: Klaus Schäfer
Das Gebäude am Hildesheimer Pfaffenstieg 2 diente von 1905 bis etwa 1974 dem Bistum Hildesheim als Generalvikariat bzw. als oberste Verwaltungsbehörde. Chef dieser Behörde ist der Generalvikar. In der NS-Zeit gab es zwei Generalvikare, die an der Seite des katholischen Bischofs Machens die kirchliche Position gegenüber der Staatsmacht behaupteten. Schon 1929 war Dr. Otto Seelmeyer Generalvikar geworden. Er war ein erfahrener „Verwaltungsmann“ und ein scharf denkender Kopf, der den jungen Machens als väterlichen Freund seit 1934 beriet. Dem Generalvikar wurde 1935 ein Devisenprozess gemacht, womit der NS-Staat nicht nur den Nerv der Verwaltung des Bistums empfindlich traf, sondern auch gezielt die Proteste des katholischen Bischofs schmälerte, der bis dahin gegen die Weltanschauung des Nationalsozialismus in das Feld gezogen war. Der Generalvikar saß in einem Berliner Zuchthaus. Er wurde gequält und misshandelt. Der Prozess gegen Seelmeyer war einer von vielen Schauprozessen, die vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda gegen Mitglieder der katholischen Kirche inszeniert wurde. Häufig endeten diese Prozesse mit dem Todesurteil gegen den Angeklagten. Mit einem solchen Urteil rechnete man auch in Hildesheim. Das Domkapitel suchte für den Generalvikar eine Grabstätte auf den Annenfriedhof beim Dom aus. Mit Hilfe des Apostolischen Nuntius Eugenio Pacelli und Mitarbeitern des Jugendhauses in Düsseldorf kam Dr. Seelmeyer entgegen allen Befürchtungen mit einer hohen Geldstrafe davon. Nach seiner Haft kehrte er als gebrochener Mann nach Hildesheim zurück, wo er 24. Januar 1942 starb.
Weiterlesen:
Herman Engfer (Hrsg.), Das Bistum Hildesheim 1933 – 1945 , Hildesheim 1971